Mondthron
Hat, vormals Himmelsphantom,
Sich Menschheit betreten zum Thron.
Mensch drückt sich ein und aus,
Mensch ist nirgends zu Haus,
Braucht Mond als Erscheinungsbalkon.
Mäki Closch (F.A.N.C.)
Limerick auf Schaukelstuhl mit Astronautenfigur aus dem Weltraumforschungsfahrzeug „Monsieur Tap-Tap“ (Gama A9, 3580, 1969) unter gerahmter Karte „Die sichtbare Seite der Mond-Oberfläche“, aus: Karl Sohr (Hg.): Vollständiger Hand-Atlas der neueren Erdbeschreibung über alle Theile der Erde in 80 Blättern, 1. Aufl., Glogau, Leipzig: C. Flemming 1844. Draperie:
Shirin Aschkari
Apollo 11 Landestelle mit den Wegen der Astronauten, Stoffdruck 2019.
100 x 75 x 60 cm
2019
Originale PDF-Datei mit der korrekten Schriftart Eurostile:
Maeki Closch Mondthron UdK Rundgang 2019
Ausstellungsansichten:
Weiterführende Informationen:
Die Schriftart Eurostile, worin der Limerick verfasst ist, wurde von Aldo Novarese entworfen und 1962 zur Zeit des space race veröffentlicht.
1844, dem Erscheinungsdatum der Mondkarte, wurde William Turners epochales Gemälde: Rain, Steam, and Speed – The Great Western Railway zum ersten Mal ausgestellt. Die Dynamik der Dampflok ging dem Rausch des Raketenstarts Richtung Erdtrabant voran.
Der installatorisch erweiterte Limerick Mondthron wurde veröffentlicht auf der Ausstellung:
„… und schließlich doch ad astra“ fand im Rahmen des Rundganges 2019 der Universität der Künste Berlin (UdK) in der dortigen Werkstatt für Maltechnik statt und wurde von der Leiterin, der Malerin Julia Rüther, kuratiert (zu ihrer faszinierenden Kunst s. die beiden Deutungen von Dr. Alexander Wiehart: Barock!, Schemen und Geist).
Es nahmen teil: Elisa Bauer, Emanuel Bernstone, Ina Bierstedt, Clara Brörmann, Ondrej Drescher, Sven-Ole Frahm, Andrea Hartinger, Christian Hellmich, Jasmine Justice, Heike Kelter, Catherine Lorent, Michael Luther, Sandra Meisel, Julia Rüther, Heiko Sievers, Alex Tennigkeit, Elmar Vestner, Miriam Vlaming, Viktoria Volozhynska und als Special Guest: Mäki Closch.
Thema und leitende Frage der Ausstellung wurde von Julia Rüther wie folgt vorgegeben:
Es geht um maltechnische Besonderheiten, auf die im Malprozess immer wieder reagiert werden muss. Sind es nicht doch gerade die „Fehler“ und Zufälle, die außergewöhnliche Entscheidungen fordern und ein verloren geglaubtes Werk so besonders und einzigartig machen, eben es schließlich doch – AD ASTRA führen?
Mäki Closch erweiterte diese maltechnische Aufgabenstellung ins Astronautische und Kosmologische. Dr. Alexander Wiehart interpretiert philosophisch:
Fehler, Zufälle und schließlich doch auf dem Weg zu den Sternen: Mäki Closchens „Mondthron“ transzendiert Julia Rüthers maltechnische Fragestellung ins Raumfahrerische und Kosmologische.
Ist nicht das gesamte Apollo-Programm, das Menschen vor 50 Jahren zum ersten Mal auf den Mond brachte, ein triumphales Misslingen? Denn nach exorbitanten Ausgaben, mit viel Glück, trotz der Fehlschläge und Todesopfer gelang dieser „giant leap for mankind“ (Neil Armstrong). Mit Start und Flug der Saturn V Rakete war das ästhetisch brillanteste Ereignis der Menschheitsgeschichte geschaffen. Andererseits sollte dieser gigantische Satz auf die Mondoberfläche der erste Schritt sein, die Menschheit wortwörtlich ad astra zu führen. Zu einem zweiten Schritt in diese Richtung ist jedoch auch ein halbes Jahrhundert danach nicht einmal angesetzt. Schlimmer noch: Überall ziehen Sterne und Planeten ihre Kreise, wir aber wissen gar nicht, wohin wir als nächstes wie gelangen sollen, geschweige denn warum. Unsere ersten Millimeter auf dem Weg zu den Sternen führten vielmehr wieder auf die Menschenerde zurück mit all ihren sehr irdischen Problemen und ihrer Ratlosigkeit: „… here we came all this way to the Moon, and yet the most significant thing we’re seeing is our own home planet, the Earth“ (Bill Anders, Astronaut Apollo 8). Das Apollo-Programm strebt ad astra als die bis in den Weltraum hinausragende Ruine menschlicher Ambition.
Um den Kosmos als Ganzes steht es freilich nicht besser: ein gigantisches, hochdynamisches uranfängliches Desaster, das sich tatsächlich zu dem gegenwärtigen Spektakel aus Sternen und Galaxien – also insofern „ad astra“ – entfaltete. Allerdings nötigt uns das Universum damit nur eine völlig sinnlose Bewunderungshaltung ab. Ein gelingendes Leben zustande zu bringen, hilft es uns nicht. Ja: durch Ausrutscher zu den Sternen! Doch wohin ist das eigentlich und was sollen wir dort?
English version of this text:
Maeki Closch Mondthron Kommentar Wiehart en